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Medikamentenabhängigkeit

Medikamentenmissbrauch nimmt zu

Auch Medikamente können abhängig machen, wenn man sie dauerhaft zu hoch dosiert bzw. ohne medizinische Notwendigkeit konsumiert. Im Gegensatz zum Alkoholmissbrauch sind von der Medikamentensucht Frauen wesentlich häufiger betroffen als Männer.  Von den österreichweit geschätzten 300.000 Betroffenen sind zwei Drittel weiblich.Wie Alkohol werden auch Medikamente häufig zur Lösung von inneren oder äußeren Konflikten eingenommen.

Viele Betroffene kommen mit der Doppelbelastung von Familie und Beruf nicht mehr zurecht und leiden unter Angst- und Spannungszuständen. Hier wirken Benzodiazepine beruhigend und schlaffördernd – und das sehr zuverlässig.
Das Problem: Die Wirkstoffe machen rasch abhängig, manche innerhalb von sechs bis acht Wochen. Eine 56-jährige Patientin schlitterte durch ein gängiges Schlafmittel in die Sucht: „Ich habe nur noch an die Tabletten gedacht, in der Früh hat das bereits begonnen“, schildert sie. „Das Einkaufen war schon schwierig, weil meine Hände beim Zahlen gezittert haben. Dann hab ich noch mehr Tabletten gebraucht – es war ein Teufelskreis.“

„Es ist leichter, Medikamente zu erhalten“
Die Medikamentenabhängigkeit wird hier als „stille Sucht“ bezeichnet, die zunimmt: „Mögliche Gründe sind die Verfügbarkeit via Internet“, sagt der Psychiater Alexander Schorb. „Es ist heutzutage leichter, über Internet Medikamente zu bestellen und zu erhalten. Ein weiterer Punkt ist auch die Tatsache, dass man immer auf der Höhe sein muss, immer fit sein muss, immer in einer guten Stimmung. Dann ist halt der Griff zum Mittel leicht, um diese Zustände zu erreichen.“
Besonders warnt der Mediziner auch vor der unkontrollierten Einnahme von Schmerzmitteln: „Das sieht man beispielsweise auch im Sportbereich – etwa bei Fußballspielern, die teilweise prophylaktisch Schmerzmittel einnehmen, um von vorne herein nicht so viel Schmerzen im Spiel zu haben. Das ist natürlich ein Spiel mit dem Feuer, weil schwerwiegende Organkomplikationen auftreten können.“ Und der Weg aus der Tablettensucht ist laut Experten schwieriger als beim Alkoholentzug.

Es werden daher Substanzen bevorzugt, die eine Veränderung der Befindlichkeit oder der Bewusstseinslage herbeiführen. Insbesondere folgende Substanzen haben hohes Abhängigkeitspotenzial:
Schlaf-/Beruhigungsmittel: z.B. Benzodiazepine
Schmerzmittel: häufig in Form von Kombinationspräparaten mit zentral erregenden oder dämpfenden Wirkstoffen
Weck- und Aufputschmittel: vorwiegend Amphetamin-Abkömmlinge wie Methylphenidat.

Davon abzugrenzen ist der Missbrauch von nicht-abhängigkeitserzeugenden Substanzen wie Antidepressiva, Abführmittel, nicht-zentral wirksame Schmerzmittel, Entwässerungsmittel oder Anabolika. Dieser Missbrauch stellt keine Abhängigkeit in dem Sinn dar, dass die Gefahr einer Dosissteigerung droht oder sich bei Reduktion des Konsums eine körperliche Entzugssymptomatik entwickelt. Das Problem besteht vielmehr darin, dass die Substanzen ohne medizinische Notwendigkeit und/oder in zu hohen Dosen eingesetzt werden.
Was kann man gegen Medikamentenabhängigkeit tun?
Der Prozess der Abhängigkeitsentwicklung vollzieht sich schleichend. Betroffene merken oft gar nicht, dass es bei ihrem Arzneikonsum schon gar nicht mehr um die momentane Linderung eines Symptoms geht, sondern bereits eine Abhängigkeit erreicht ist. Wie beim Alkohol wird so gut wie nie zugegeben, dass man abhängig ist. Wenn überhaupt, wird lediglich eingeräumt, dass man sich schon an die Tabletten gewöhnt hat.
Der Entzug und die Therapie von medikamentenabhängigen Menschen gestaltet sich meist langwieriger als der von alkoholabhängigen Patienten, vor allem wenn es sich um Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine handelt.

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suchtberatung-tirol.at/medikamente.